
Wenn Sie Ihre eigenen Rechnungen stellen, mehrere Klienten besitzen und Sie Ihre Arbeitszeiteinteilung selbst vornehmen, gelten Sie in Deutschland als selbstständig. Soweit ganz gut. Aber das Finanzamt unterteilt die Selbstständigkeit in zwei weitere Kategorien: Sie sind entweder ein Freiberufler oder besitzen ein Gewerbe. Wir helfen Ihnen dabei, Ihre wahre Identität zu finden (zumindest aus steuerrechtlicher Betrachtung).
Wie sind Freiberufler tätig?
Die freiberufliche Tätigkeit umfasst Berufe, die sich auf den Wissensaustausch beziehen, wozu Bereiche wie die Geisteswissenschaften, Kunst, Wissenschaft und Jura gehören. Die meisten dieser Berufe benötigen einen Universitätsabschluss oder eine besondere Qualifizierung und es geht vielmehr um die Bereitstellung von Dienstleistungen im Gegensatz zum produzierenden Gewerbe oder der Herstellung eines Produkts für einen Kunden. Wenn Sie z. B. ein Zahnarzt, ein Musiker, ein Arzt, ein Schriftsteller, ein Übersetzer oder ein Sprachlehrer sind, dann werden Sie höchstwahrscheinlich ein Freiberufler sein.
Hier sind einige Beispiele für typische „freiberufliche“ Berufszweige.
Kulturelle Berufe: zertifizierte Lehrer / Erzieher, Designer, Journalisten / Fotojournalisten, Dolmetscher, Übersetzer, Schriftsteller, Yoga-Lehrer, Musiker, Schauspieler, Tänzer.
Rechtliche, steuerliche und unternehmensberatende Berufe: Rechtsanwälte, Rechnungsprüfer, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater, Managementberater, Notare, Patentanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte.
Medizinische Berufe: Zahnärzte, Ärzte, Heilpraktiker, Apotheker, Physiotherapeuten, Veterinärmediziner.
Wissenschaftliche und technische Berufe: Architekten, Biologen, Chemiker, Informatiker, Ingenieure, Umweltexperten, Industriechemiker, Piloten, Vermessungsingenieure, vereidigte Sachverständige.
Was bedeutet „gewerblich“?
Alle Berufe, die nicht zu den „freiberuflichen Tätigkeiten“ zählen, werden als gewerblich eingestuft. Es wird als Geldverdienst auf der Grundlage einer wiederkehrenden Tätigkeit erachtet, wie dies z. B. der Verkauf eines Produkts ist. Einige Dienstleistungen werden ebenfalls als Gewerbe eingestuft, z. B. wenn Sie Häuser reinigen, babysitten oder als Fahrradkurrier bzw. als Coach arbeiten. Wenn Sie Geld mit Werbung auf Webseiten verdienen, ist dies ebenfalls ein Gewerbe. Hier ist eine Liste mit „Katalogberufen” (einem Katalog aus freiberuflichen Tätigkeiten), falls Sie dies interessiert. Wenn Ihr Beruf sich nicht in der Liste befindet oder keinem der darin aufgeführten Berufsgruppen ähnelt, dann werden Sie höchstwahrscheinlich ein Gewerbetreibender sein.
Wenn Ihr Beruf als gewerblich eingestuft wird, müssen Sie Ihr Gewerbe anmelden (Sie können hier unseren Ratgeber bezüglich des Anmeldevorgangs lesen!) und eine Bescheinigung anfordern, die als Gewerbeschein bezeichnet wird. Darüber hinaus werden Sie auch steuerrechtlich gesondert behandelt: Wenn Sie mehr als 24,500 EUR verdienen, müssen Sie eine Gewerbesteuer abführen.
Kann ich beides sein?
Gehen Sie zwei Berufen nach? Sind Sie in einer Grauzone tätig? Sind Sie ein Texter, der zudem auch Einkünfte von Personen bezieht, die Werbeanzeigen in Ihrem Blog schalten? Dann ist es möglich, sowohl ein Freiberufler als auch ein Gewerbetreibender zu sein. Sie werden eventuell zwei unterschiedliche Steuernummern benötigen. Dies impliziert voraussichtlich auch eine doppelte Buchführung, indem Sie Ihre Einkünfte und Aufwendungen aus der freiberuflichen Tätigkeit über die erste Steuernummer und Ihr Einkommen sowie Ihre Ausgaben aus dem Gewerbebetrieb über die andere Steuernummer protokollieren.
Wie finde ich heraus, zu welcher Kategorie ich gehöre?
Wenn Sie verwirrt sind, dann ist dies völlig verständlich. Es bestehen alle möglichen Arten von Grauzonen. Hier sind einige typische Fälle, bei welchen sich alle den Kopf kratzen:
- IT- und Softwareentwickler mit Universitätsabschlüssen oder einer relevanten Berufsausbildung (sogar manchmal die Autodidakten) können eventuell als Freiberufler eingestuft werden. Diejenigen, die kein Fachwissen vorweisen können, das mit einem Universitätsabschluss vergleichbar ist, werden als Gewerbetreibende klassifiziert.
- Fotografen: Werbefotografie (Gewerbe) gegenüber Kunstfotografie (freiberufliche Tätigkeit)
- Filmemacher, die mehr Zeit mit der Produktion bzw. der Vermarktung Ihres Films verbringen, als diesen zu kreieren.
- Berater / Coaches
- Ein Fahrlehrer, der keinen Führerschein besitzt (Da muss man einfach lachen)…
Manchmal unterläuft dem Finanzamt ein Fehler und manchmal kann die Ausländerbehörde es nicht richtig deuten! Ein guter erster Schritt wäre es, sich diese Liste mit freien Berufen anzuschauen. Ihr zweiter Schritt könnte darin bestehen, entweder einen Steuerberater zu konsultieren oder einfach direkt das Finanzamt zu kontaktieren, Ihre Arbeit zu beschreiben und abzuwarten, wie dessen Einschätzung ausfällt.
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