
Viele Freiberufler befinden sich in einer schwierigen finanziellen Lage. Seit Beginn der Pandemie sind viele von uns ganz ohne Arbeit geblieben. Es gibt finanzielle Instrumente, wie das Kurzarbeitergeld für Angestellte, doch Freiberufler hatten oft keine andere Wahl als die Grundbedürfnisse vom Jobcenter decken lassen zu müssen.
von Lioba Grunow
Einigen von uns gelang es im März 2020, bevor die Dinge komplizierter wurden, IBB’s Soforthilfe II zu bekommen. Andere konnten einen Seufzer der Erleichterung auslassen, als die November- und Dezemberhilfe kam, die Selbstständigen einfachen Zugang zu finanzieller Unterstützung von bis zu 75% des durchschnittlichen monatlichen Einkommens aus 2019 gab. Vielleicht dachtet ihr, dass dieses Hilfsmodell für die Gesamtheit des Lockdowns weiter gehen würde? Ich dachte es jedenfalls. Es war ein einfacher Prozess und es lies mich – Ich weiß nicht, wie es euch da geht – nachts definitiv ein bisschen besser schlafen.
Leider entschied sich die Regierung dazu, diese Form von Hilfe in 2021 nicht weiterzuführen. Das bedeutet, dass von den Corona-Maßnahmen betroffene Freiberufler wiedermal von ALG II, aka Grundsicherung, Sozialhilfen oder Hartz IV abhängig sind.
Sie haben uns jedoch nicht komplett vergessen. Die Überbrückungshilfe trat letztes Jahr in Kraft. Unternehmen konnten sich (mit Hilfe von Steuerberatern) für finazielle Unterstützung melden, um die fortlaufenden Kosten, wie Miete für Büroräume, Leasing-Gebühren oder Darlehen zu decken. Aber die meisten Solo-Selbstständigen haben diese Art von Ausgaben überhaupt nicht. Ich, zum Beispiel, bin Schauspielerin und meine einzigen Geschäftsausgaben sind meine Webseite, Portraits, die AV Ausstattung, jährliche Gebühren für Casting-Webseiten und der gelegentliche Workshop. Nichts davon wird als „fortlaufende Betriebskosten“ kategorisiert.
Und nun die guten Nachrichten.
Die neue Überbrückungshilfe III ist eine modifizierte Form von Hilfe, die 2021 verfügbar ist und vielen von uns helfen könnte. Obwohl es vorrangig großen Unternehmen hilft, beeinhaltet es auch die Neustarthilfe für Soloselbstständige, die speziell für Freiberufler in den Bereichen Künste und Kultur entworfen wurde.
Um den Zeitraum zwischen Dezember 2020 und Juni 2021 zu decken, kann man 50% des durchschnittlichen monatlichen Umsatzes von 2019 für jeden dieser Monate bekommen. Es wird eine einmalige Auszahlung von maximal 7.500 € sein. Das ist eine abgeänderte Version, auf die sich die Regierung erst vor ein paar Wochen geeinigt hat (sie hatte urspünglich behauptet, dass es nur 25% des Umsatzes sein würden und hatte es auf 5.000 € begrenzt).
Die schlechte Nachricht: Sie wurde konzepiert, um ausschließlich Geschäftskosten zu decken. Aber die gute Nachricht ist, dass die Geschäftskosten nicht in Stein gemeißelt sind, wie es bei den vorherigen Hilfen der Fall war. Das heißt, dass eine Schauspielerin die Neustarthilfe für Dinge wie Portraits, AV Ausstattung, etc. nutzen KANN. Die andere gute Nachricht ist, dass sie, genau wie bei der November- und Dezemberhilfe, mit ALG ll kombiniert werden kann und keine Zahlungen vom Jobcenter beeinflusst.
Wer die Dezemberhilfe erhalten hat, kann keine Neustarthilfe für den Monat Dezember 2020 bekommen, kann sie aber für die ersten sechs Monate von 2021 erhalten.
Eine weitere große Verbesserung ist, dass nun auch Menschen, die „unständig selbstständig“ sind, Zugriff auf diese Hilfe haben. Zum Beispiel sind Schauspieler oder Mitarbeiter, die in der Film- oder Theaterproduktion arbeiten, oftmals nur für die Zeit der Produktion angestellt. Das Problem ist, dass sie nicht durchgehend angestellt sind, sondern zwischen ihren Projekten Lücken haben in denen sie technisch gesehen arbeitslos sind. Obwohl sie eventuell zeitweise bei einem Theater angestellt sind, gelten sie aus wirtschaftlicher Sicht immer noch als selbstständig. Aufgrund dieser Formalität wurden sie bisher von der Regierung ignoriert und konnten auf keines der finanziellen Hilfsprogramme zugreifen. Die Neustarthilfe erkennt nun endlichen ihren Status an.
Die Neustarthilfe ist steuerpflichtig und muss nicht zurück gezahlt werden. Am Ende der Gewährungsfrist wird die Einsicht der Umsätze für die sieben Monate zwischen Dezember 2020 und Juni 2021 gefordert. Wenn der Umsatz in diesem Zeitraum die 50% des Umsatzes im Referenzzeitraum übersteigt (der monatliche Durchschnitt aus 2019), muss ein Teil davon zurück gezahlt werden.
Wenn der Umsatz zwischen dem 01.12.2020 und dem 30.06.2021 zwischen 50% und 70% des monatlichen Durchschnittes im Jahr 2019 liegt, muss ¼ der erhaltenen Neustarthilfe zurück gezahlt werden.
Wenn der Umsatz bei 70-80% liegt, muss ½ der erhaltenen Neustarthilfe zurück gezahlt werden.
Liegt der Umsatz bei 80-90%, muss ¾ der Neustarthilfe zurück gezahlt werden.
Wer ist dafür berechtigt?
Alle Solo-Selbstständige,
- die keinerlei Geld durch die Überbrückungshilfe lll bekommen können
- die mindestens 51% ihres Einkommens aus 2019 durch Selbstständigkeit verdient haben (Selbstständigkeit ist der Hauptberuf)
- deren Umsatz im Bewilligungszeitraum (Dez. 2020 – Jun. 2021) im Vergleich zum Referenzzeitraum (2019) um mindestens 50% gesunken ist
Personen, die nach dem 1. Oktober 2019 mit der Freiberuflichkeit angefangen haben, können die Vor-Corona-Monate Januar und Februar 2020 oder den durchschnittlichen Monatsumsatz des 3. Quartals 2020 (Juli-September) als Referenzzeitraum nutzen.
Wann kann ich mich bewerben?
Auf den Internetseiten der Regierung steht immer wieder, dass Bewerbungen im Januar möglich sein sollten. Mittlerweile ist es Februar und die Bewerbungen wurden noch immer nicht eröffnet. Es gibt noch keinerlei Informationen bezüglich des Bewerbungsverfahrens, es ist aber wahrscheinlich, dass Bewerber ein ELSTER-Zertifikat brauchen.
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